Astronomen rätseln seit langem über ein ungewöhnliches Gravitationswellenereignis, das im Jahr 2023 entdeckt wurde – eine Kollision zwischen zwei Schwarzen Löchern, die sich der herkömmlichen Meinung über die Entstehung solch massiver und sich schnell drehender Objekte widersetzt. Das Rätsel wurde nun gelöst, dank ausgefeilter Computersimulationen, die die entscheidende Rolle von Magnetfeldern bei der Formung dieser kosmischen Giganten enthüllen.
Im November 2023 erfassten erdbasierte Detektoren wie LIGO, Virgo und KAGRA Wellen in der Raumzeit, sogenannte Gravitationswellen. Dieses Signal mit der Bezeichnung GW231123 deutete auf eine Kollision zweier etwa 7 Milliarden Lichtjahre entfernter Schwarzer Löcher hin. Doch die Eigenschaften dieser Schwarzen Löcher brachten die Astronomen aus der Fassung: Jedes hatte etwa die 100- bis 140-fache Masse unserer Sonne und drehte sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit.
Das Problem? Aktuelle Theorien gehen davon aus, dass Sterne, die massiv genug sind, um zu Schwarzen Löchern mit solch außergewöhnlichen Massen zu kollabieren, als „Paarinstabilitäts-Supernovae“ explodieren sollten. Diese katastrophalen Ereignisse sind so gewaltig, dass sie nichts zurücklassen, nicht einmal ein Schwarzes Loch. Daher erwarteten Wissenschaftler nicht, dass sich Schwarze Löcher im Massenbereich zwischen etwa dem 70- und 140-fachen der Sonnenmasse bilden würden.
Während innerhalb dieser „Massenlücke“ nach der Verschmelzung vorhandener kleinerer Schwarzer Löcher Schwarze Löcher existieren können, war dies in diesem Fall unwahrscheinlich. Verschmelzungen stören die Drehung eines Schwarzen Lochs, aber die kollidierenden Objekte in GW231123 drehten sich unglaublich schnell – mit ihrer theoretischen maximalen Rotationsgeschwindigkeit. Das bedeutete, dass etwas ganz anderes im Spiel sein musste.
Ein Team unter der Leitung des Astrophysikers Ore Gottlieb am Center for Computational Astrophysics (CCA) des Flatiron Institute nahm die Herausforderung an und führte komplexe Computersimulationen der Sternentwicklung und Supernovae durch. Ihre wichtigste Erkenntnis? Die Rolle von Magnetfeldern in den letzten Momenten eines Sterns.
Magnetfelder schreiben das Drehbuch neu
In früheren Studien wurden Magnetfelder in diesen Extremszenarien oft übersehen. Gottlieb und sein Team haben sie in ihre Modelle integriert und dabei eine faszinierende Wendung entdeckt: Magnetfelder können das Verhalten von übriggebliebenem Sternmaterial nach einer Supernova erheblich beeinflussen.
Sie simulierten den Tod eines massereichen Sterns mit etwa der 250-fachen Sonnenmasse und beobachteten, wie er den größten Teil seiner Masse verlor, bevor er kollabierte und ein Schwarzes Loch bildete. Dann berücksichtigten sie in einer komplexeren Simulation die wirbelnden Magnetfelder in der sich ausdehnenden Trümmerwolke, die das neu entstandene Schwarze Loch umgibt.
„Wir haben herausgefunden, dass diese Magnetfelder einen Teil dieses übriggebliebenen Materials mit nahezu Lichtgeschwindigkeit wegschieben können“, erklärte Gottlieb. Je schneller sich der Stern drehte und je stärker die Magnetfelder waren, desto effizienter konnte Materie ausgestoßen werden.
Dieser Ausstoßvorgang reduziert effektiv die auf das Schwarze Loch übertragene Masse. Das bedeutet, dass selbst ein massereicher Vorläuferstern innerhalb der verbotenen Massenlücke ein relativ kleineres Schwarzes Loch hinterlassen könnte. Die Simulationen zeigten, dass unter bestimmten Bedingungen die Hälfte der ursprünglichen Sternmasse weggeblasen werden könnte!
Eine neue Ära im Verständnis von Schwarzen Löchern
Die Entdeckung hat weitreichende Auswirkungen darauf, wie wir die Entstehung und Entwicklung von Schwarzen Löchern verstehen. Es schlägt vor:
- Eine Verbindung zwischen Masse, Spin und Magnetismus: Stärkere Magnetfelder könnten zu leichteren und langsamer rotierenden Schwarzen Löchern führen, während schwächere Felder massereichere und schneller rotierende Schwarze Löcher erzeugen könnten. Dieser Zusammenhang eröffnet neue Untersuchungsmöglichkeiten.
- Tests durch Gammastrahlenausbrüche: Die Simulationen sagen voraus, dass die Bildung dieser Schwarzen Löcher mit Massenlücke von einem Ausbruch von Gammastrahlen begleitet sein sollte – energiereiches Licht, das auf der Erde nachweisbar ist. Die Entdeckung eines solchen Ausbruchs würde aussagekräftige Beweise zur Unterstützung dieses Modells liefern.
Das Rätsel um GW231123 ist gelöst, aber es wirft noch faszinierendere Fragen über das komplexe Zusammenspiel von Magnetfeldern und Schwerkraft in den dramatischen letzten Momenten massereicher Sterne auf. Es zeigt, wie scheinbar „unmögliche“ Ereignisse überraschende Wahrheiten über die rätselhaftesten Objekte des Universums enthüllen können.




































































